Montag hatte ich Therapie. Wir redeten über ein paar Dinge – nichts, was mich wirklich zur Zeit bewegt/belastet. Also jedenfalls nicht das schlimmste. Als ich rausging, ging es mir seit langem nach der Stunde mal wieder schlechter als vorher. War den Tränen nahe, fühlte mich nur unverstanden und fand, die Zeit war verschwendet. So habe ich mich lange nicht mehr nach so einer Stunde gefühlt – das letzte Mal vor meinem Zusammenbruch vor einem Jahr.
Es kotzt einfach so an, dass einem niemand mehr vertraut. Alles was man tut und sagt, wird unter dem Filter des Verrücktseins gesehen… Man ist einfach in einer Schublade drin. Niemand vertraut einem, auch wenn man ihm noch nie Grund dazu gegeben hat, ihm nicht zu vertrauen… Man bekommt manche Hilfen, die ein andrer bekommen würde, nicht mehr. Denn man ist ja in der Schublade, und Menschen die dort sind, die missbrauchen diese Hilfen ja dann.
Dass man abgestürzt ist, weil man diese Hilfen, die andre mit ähnlichen Symptomen bekommen, nicht bekommen hat, ist da schnell vergessen. Verdrängt?
Jaja… änder doch einfach mal dein Verhalten. Änder dich selbst. Sei offen. Meditiere. Atme. Dann wird alles gut. Schon klar… Ist ja alles nur ein Schnips mit dem Finger, und schon kann man das alles so umsetzen.
Nicht mal auf Kompromisse lassen sie sich ein. Auch wenn man erzählt und Beispiele dafür gibt, wieso es klappen wird – egal. Das machen wir aus Prinzip nicht. Atmen sie einfach. Dann wird alles gut.
Wahrscheinlich versteht man das jetzt alles hier eh nicht, aber das ist mir gerade echt egal. Vielleicht schreibe ich es ja nochmal um, so dass das ganze nicht nur unzusammenhängendes Blahblah ist… vielleicht. Vielleicht bin ich aber auch nur angepisst und tue gar nichts, weil ich keine Ahnung habe, was ich tun soll und weil ich eh zu nichts Lust habe.
Wer weiß.
„Alles was man tut und sagt, wird unter dem Filter des Verrücktseins gesehen… (…) und Menschen die dort sind, die missbrauchen diese Hilfen ja dann. (…)“
Leider scheint es mir auch oft so, dass Menschen, die wirkliche Hilfe benötigen, oft so hingestellt werden: Man macht es sich einfach und durch den Filter rutscht man in eine Schublade. In dieser findet sich dann der passenden Stempel, mit dem man einer Person etwas Passendes aufdrückt. Durch diese Art Auswahlverfahren kann man Gründe nennen, warum diverse Menschen Hilfe brauchen bzw. weshalb sie diese missbrauchen könnten. Das ist wohl der Fehler an der Sache. Wie Du geschrieben hast, ist alles auf diesen einen Grund zurückzuführen. Aber das macht es für andere leichter abzuwägen, wem sie helfen wollen/können und wie und wem nicht und warum. Auch wenn jeder in bestimmten Schubläden wohl eine angemessene Hilfe benötigt. :/
„Jaja… änder doch einfach mal dein Verhalten. Änder dich selbst. Sei offen. Meditiere. Atme. Dann wird alles gut. Schon klar… Ist ja alles nur ein Schnips mit dem Finger, und schon kann man das alles so umsetzen.“
Ja, und alle Probleme & Sorgen sind plötzlich verschwunden. Noch nicht bemerkt? (;
„Wahrscheinlich versteht man das jetzt alles hier eh nicht (…)“
Doch, ich denke ich verstehe es. Es wird einfach versucht so hinzustellen, dass man alles positiver sehen soll. Das soll man auch lernen: Mit schwierigen Situationen besser umzugehen ggf. umzudenken. Aber es wird vieles ins Gute geredet oder toleriert, ignoriert. Man wird schon klar kommen. Und wenn man doch mal Hilfe braucht, ist das doch eh nur, weil man verrückt ist. Denn normale Menschen benötigen keine Hilfe. (;
Ach ja, Du solltest vielleicht auch hin und wieder versuchen, dir abzugewöhnen deine Stimmungslagen mit denen von früher oder überhaupt irgendwann einmal zu vergleichen. Das ist zwar ein Ding der Unmöglichkeit, da der Mensch nun einmal vergleicht. Ich neige auch sehr dazu immer alles mit einer früheren Situation o.ä. zu vergleichen. Man möchte ja auch abwägen können wo man (gefühlsmäßig) steht, wie es einem genau geht usw. und es macht es natürlich einfacher überhaupt zu beschreiben, wie man sich fühlt. Ich habe aber die Vermutung, dass Vergleiche der Stimmungslage o.a. mit früheren einen oft in ungemochte Stimmungen/Situationen versetzen können. Man denkt immer darüber nach, dass man sich annähernd so fühlt wie früher oder wie „kurz vor […]“, wenn nicht sogar schon „so wie damals als […]“ – was die Angst davor verstärkt, eben wieder in einer solche Lage zu stecken. Das Problem bei der Sache ist nur, dass einen nicht die eigentlichen Probleme quälen, sondern eher die Angst davor, sich wieder so zu fühlen, wie einst in einer Lage, in der man sich aufgrund von Problemen so fühlte.
Hm. Ich glaube schon, dass die Ärzte an sich helfen wollen. Nicht alle denken so was wie: Der ist verrückt, was der redet sind Lügen/ macht keinen Sinn. Das unterstelle ich mal niemandem… bzw. nicht allen. Sind wir mal lieber etwas differenzierter bei der Sache. =D
Ich denke es ist eher so: Du kommst als Patient beispielsweise zum Psychiater. Der liest vor deinem Termin noch mal die Aufzeichnungen des letzten Termins durch und bereitet sich bestenfalls auf das Gespräch vor. Sieht dann deine Diagnose vor sich und betrachtet dich, wenn du durch die Tür gehst, durch einen Filter. Alles was du sagst, wie du dich verhältst, sind auf einmal Auswüchse deiner Krankheit.
Wenn du sagst, du brauchst etwas zur Beruhigung und du vorher schon mal Suchtprobleme irgendeiner Art hattest, hört dieser Mensch nicht was ein neutraler Mensch hören würde, und zwar: Dieser Mensch, der vor mir sitzt, hat Probleme alleine zurecht zu kommen und benötigt Hilfe. Ihm geht es nicht gut.
Er hört: Dieser Mensch vor mir versucht sich ranzutasten und mir Gründe zu liefern, ihm ein schönes Mittelchen zu verschreiben. Er wird es missbrauchen – das zeigt seine Vorgeschichte.
Es wird also wenig differenziert.
Wenn der Patient dann noch sagt: Ich will nie wieder so eine Suchtproblematik entwickeln, das ganze war mir eine Lehre. Ich habe zu dem Zeitpunkt xy auch Zugriff zu diesen Mitteln gehabt und bin damit aber verantwortungsvoll und absolut nicht suchttypisch umgegangen. Ich kann es also inzwischen.
Dies sieht der Psychiater dann als weiteren Versuch, an das Mittel zu kommen.
Und genau deswegen sieht er nicht den Leidensdruck, der hinter der Frage nach Hilfe/einem Hilfsmittel steht, sondern sieht nur den Versuch, an das Mittel zu kommen. Und reagiert dementsprechend – ich nenne es mal – “falsch”.
Der Patient fühlt sich nicht ernst genommen, allein gelassen und verraten.
Und genau da sieht man die Schwere des “Fehlers”: Jeder – wirklich jeder – kommt heutzutage selbst an irgendwelche Mittelchen dran. Der Patient wird sich vor dem Arzt verschließen und auf eigene Faust etwas auftreiben. Dann hat er wieder vollen Zugriff. Und somit ist die Wahrscheinlichkeit wieder in einer Sucht zu landen viel viel größer, als wenn der Arzt auf den Kompromiss eingegangen wäre, dem Patienten immer nur 1-2 Tabletten mitzugeben und für weitere dort anzutanzen und das abzusprechen und erst dann noch welche zu bekommen…
Nicht, dass jetzt jemand denkt, ich wäre gefährdet. Ich will nur aufzeigen, wo da der Denkfehler des Arztes liegt….
Mir ist schon klar, dass man das Schubladendenken für die Ordnung im Kopf braucht – wenn man 30 Patienten am Tag hat. Trotzdem macht es finde ich einen guten Arzt aus, dass er den Menschen vor sich sieht, und nicht die Diagnose…
“Ach ja, Du solltest vielleicht auch hin und wieder versuchen, dir abzugewöhnen deine Stimmungslagen mit denen von früher oder überhaupt irgendwann einmal zu vergleichen.”
Da hast du Recht… das tue ich im Moment wahrscheinlich echt zu oft. Hast du gut erkannt… aus “Angst”, wieder dort zu landen wahrscheinlich. Und jedes mal denke ich zurück und fühle mich wahrscheinlich noch schlechter, weil mir wieder klar wird, was alles passiert ist… und merkt am Ende noch, dass es wirklich Parallelen zu damals gibt in meinem jetzigen Leben. Und übersehe dann vielleicht auch, dass es mindestens ebenso viel gibt, was sich geändert hat…
“Sind wir mal lieber etwas differenzierter bei der Sache. (…)”
Ich wollte nicht differenzieren und es bei dem Wort „oft“ belassen, da der Blogeintrag für mich nichts differenziertes ausgesagte. (;
Ansonsten: Das was Du da schreibst, das Bsp. mit dem Medikament und diese ganze “Kettenreaktion” das meinte ich eigentlich.
Alles wird auf die Diagnose zurückgeführt: jedes gesprochene Wort, jede Handlung und jede Reaktion und jede angefragte Hilfe. Es läuft meistens nach dem Satz: „Sie haben das Recht zu schweigen. Alles, was Sie sagen, kann und wird gegen Sie verwendet werden.“
Wenn man einmal abgestempelt wurde, bleibt das so und entsprechend sind häufig die Reaktionen der Ärzte. Wahrscheinlich dient dies aber auch dem Schutz des Patienten und dem Eigenschutz. Er möchte nicht verantworten daran schuld gewesen zu sein, Rezepte „blind unterschrieben“ zu haben, was oft bewirkt, dass es dem Patienten im Laufe dieser Zeit wahrscheinlich nicht zwangläufig besser geht. Risikominderung.
Ich stimme dir natürlich auch zu, dass dieses Filtern bis zu einem gewissen Grad notwendig ist, um Patienten so individuell wie möglich zu behandeln, zumindest so individuell entsprechend ihrer Diagnose. So läuft es in der gesamten Medizin ab – oder sollte es zumindest – man hat leider nicht immer (sofort) die passende Diagnose. Doch das ist wieder ein ganz anderer Punkt.