Ich gebe zu, ich war heute wirklich nicht gut drauf. Mir erschien alles so trostlos, so hoffnungslos und ich war definitiv überfordert, zweifelte an allem – dem Weg den ich gehe, mir, der Welt., dem Lebens an sich. Auf die Gründe gehe ich jetzt nicht näher ein, darum soll es in diesem Post nicht gehen.
Ich saß in Bamberg in meiner Wohnung und las alte Tagebücher von mir, weil ich die in meiner nächsten Therapiesitzung besprechen wollte. Einträge von 2006 waren es glaube ich in diesem Moment. Im Hintergrund lief meine ganze Musiksammlung im Shufflemodus. Wer meine Sammlung kennt, weiß wie viele Songs sie umfasst: Tausende. Wirklich, wirklich viele.
Ich las also gerade einen Eintrag aus meiner HIM-Phase, als ich totaler Fan war, auch auf Konzerten war etc. Eine Phase, in der mir die Band geholfen hatte. In diesem Eintrag zitierte ich einen Song (“When Love and Death Embrace”)… und exakt in diesem Moment (das wurde mir erst da bewusst) lief genau dieser Song und exakt diese Textstelle! Gerade habe ich das Zitat nicht bei der Hand, das füge ich später hinzu.
Wie wahrscheinlich ist so etwas? Ich war… mir fehlen die Worte. Eine Mischung aus überrascht, erstaunt und perplex – aber im positiven Sinne. Wieder ein komischer Zufall? Ich sehe es als Zeichen, dass der Weg, den ich gerade gehe (zumindest der in der Therapie) der richtige ist. Irgendwie gab mir dieser kleine “Zufall” wieder Mut, weiterzumachen. Nicht aufzugeben.
Nach einer erfolglosen Internetschaltung, mehreren Telefonaten, einer nicht allzu angenehmen Zugfahrt und weiterer Lektüre meiner Tagebücher, die an sich weniger erfreulich ist, war dieser “Zufall” schon wieder so gut wie aus meinem Kopf verschwunden.
Als ich dann in Roth ankam (ja, da fuhr ich auch noch hin) war es 20:30 Uhr. Ich plauderte etwas mit meiner Schwester und hatte noch ein sehr aufbauendes Telefonat. Anschließend blätterte ich in der Fernsehzeitung – natürlich sah ich mir zuerst die Doku-Spalte an. Genau in diesem Moment, genau dann, als das 40-minütige Gespräch vorbei war, begann eine Dokumentation, die ich unbedingt sehen wollte. Über einen meiner Lieblingsschriftsteller Albert Camus. Ich saß gebannt vor dem Fernseher und sog jedes Wort geradezu auf. Das war genau das, was ich jetzt brauchte! Eine Erinnerung, an meinen persönlichen Helfer und auch Retter, einen, der einem Mut gibt, der einen im Leben wieder Sinn sehen lässt. Es war quasi eine Art Auffrischung… Erfrischung… Motivation, wieder Camus zu lesen, wieder zu lernen, anders zu denken. Aus den destruktiven, sinnlosen alten Denkmustern auszubrechen.
Ich hatte schon eine Weile nichts mehr von ihm gelesen – ihn zwar nicht vergessen, aber doch irgendwie… ja… er war etwas verblasst. Nicht mehr präsent. Jetzt ist er wieder da. Ich werde wieder Camus lesen. Ich weiß, das wird mir helfen, denn das hat es schon einmal.
Nach der Doku bin ich wie besessen gleich an den PC gegangen: Amazon.de Ich wollte auch die anderen Werke von ihm lesen und besitzen. Ich klickte mich also durch die verschiedenen Angebote und letztendlich bestellte ich drei Werke: “Der Mythos des Sisyphos”, “Der Mensch in der Revolte” und seine Tagebücher. (Die anderen Werke, außer den Dramen, hatte ich schon.) Als ich in dem Bestellprozess zum Bezahlen kam, war ich überrascht. Da stand, es würde 28,98 € kosten. Bei Gutscheinguthaben stand (dachte ich zunächst) derselbe Wert. Wieder war ich total perplex, dachte erst, ich hätte mich verlesen.
Letztendlich waren es 45 Cent, die ich zahlen musste. Es passte also perfekt zu meinem (nicht mehr bewussten, vergessenen) Gutscheinguthaben. Ich hatte keinesfalls geplant, für diesen Betrag einzukaufen (ich wusste ihn ja nicht einmal) und hatte anfangs auch ein Buch mehr im Warenkorb. Auch dies sehe ich als ein Zeichen an einem etwas merkwürdigen Tag, der mich sehr zum Nachdenken brachte, aber letztendlich positiv war. Der mir Kraft gab, immer dann, wenn ich es am wenigsten und vor allem wie ich es am wenigsten erwartet habe.
Ich weiß nicht was ihr darüber denkt… vielleicht haltet ihr mich jetzt für einen Spinner. Aber an diesem Tag glaube ich nicht mehr an Zufälle. Ich nehme es für mich als Motivation und vielleicht auch Zeichen, dass ich vielleicht doch auf dem richtigen Weg bin. Dafür, dass meine Zweifel (die ich wirklich massiv hatte), möglicherweise unbegründet waren und ich so weitermachen sollte, wie bisher. Nur mit Camus, bzw. mit dem Einfluss seiner Philosophie oder eher Weltanschauung.
Danke, wer auch immer mir hier geholfen hat. (;
Das mit dem Lied von HIM bzw. genau dieser Textstelle ist wirklich sehr merkwürdig, es hat sogar etwas unheimliches aber auch faszinierend. In diesem Moment wäre ich auch perplex gewesen. Und dann die weiteren Zufälle an diesem Tag …
Wir schrieben vor Wochen erst über das Thema. Ich denke, dass diese „Zufälle“ – welchen Ausmaßes auch immer – gar keine Zufälle sind, sondern irgendein Zeichen oder eine Folge von Überlappungen oder Verknüpfungen im Leben … von was und wo auch immer. Irgendetwas passiert dann, höchstwahrscheinlich auf irgendeiner Ebene, die wir nicht bewusst wahrnehmen können. Klingt nach Hokuspokus, aber ich denke, so oder so ähnlich wird es sein. Fragt sich nur warum, was genau der Hintergrund des Ganzen ist.
Oft erlebt man dann ja eine Phase bzw. Reihe von Zufällen und dann wieder eine Weile nichts. Zumindest ist es bei mir so. Aber ich erlebe so etwas nur noch selten … was mich in meiner Meinung bestärkt, dass es etwas mit dem Weg zu tun haben muss, den man einschlägt oder Menschen, denen man begegnet oder ähnliches.
Bei dir scheint es mir mit deinem aktuellen Weg und deinen Vorhaben zu tun zu haben. Ein Ziel endlich in Angriff nehmen und ihm näher kommen können, neue Stadt, alte Tagebücher (Erinnerungen) und etwas „altes“ neu beginnen wollen (wieder Albert Camus lesen). Das könnte ein Muster ergeben … falls ich nicht zu viel hinein interpretiere.
Wer weiß, welche „Zufälle“ sich in nächster Zeit noch bei dir ereignen. Die Gutschrift bei Amazon.de hätte mir ein Grinsen aufs Gesicht gezaubert, obwohl ich davon ausgegangen wäre, es handele sich um einen Fehler.
Werke von Albert Camus wollte ich übrigens auch immer mal lesen. Bisher kam ich jedoch noch nicht dazu oder war zu faul, wie mit so vielen Büchern. Falls Du dann Empfehlungen haben solltest, lass sie mich bitte wissen! (:
Gruß,
V.
Vielen Dank für deinen Kommentar.
Von Albert Camus kann ich vor allem “Der Fremde” empfehlen. Das hat mich am meisten berührt. Klassiker ist noch “Die Pest” oder “Der Fall”.
Ich habe jetzt “Der Mythos der Sysiphos angefangen. Das ist wirklich nur etwas für Menschen, die sich für Philosophie interessieren. Es ist nicht wirklich ein Roman, sondern eine philosophische Abhandlung über das Absurde (ein wesentliches Thema von Camus) im Leben und die zwei Möglichkeiten, die der Mensch hat, damit umzugehen: Selbstmord oder, was Camus “empfiehlt”, das Absurde zu akzeptieren und wie Sysiphos den Stein immer wieder den Berg hinaufrollen, auch wenn man erstmal keinen Sinn darin sieht. Kann ich jetzt schlecht kurz fassen… wenn es dich interessiert, lies das Buch bzw. erstmal allgemein was über Camus’ Philosophie.
Mir ist das Buch im Moment teilweise zu… komplex und theoretisch. Ich kann mich zZ schlecht konzentrieren, und seine philosophischen Abhandlungen und Vergleiche mit Kierkegaard und anderen Philosophen packe ich im Moment nicht. Ich lese das nur stückchenweise, wenn mir gerade mal danach ist.
Trotzdem hat Camus etwas Tröstliches.
Vielleicht sollte ich eher “Der Mensch in der Revolte” lesen… das habe ich mir auch gekauft. Da geht es dann mehr darum, wie man am besten in dieser Welt klarkommen kann – und zwar durch – gewaltloses – revoltieren und sich sozial engagieren. Und darin den Sinn des Daseins zu finden. Aus der Welt, in der man lebt, auch wenn man es ungern tut, das Beste zu machen bzw. sie etwas besser zu machen. (; Und dabei aber seine eigene Einstellung zu behalten und quasi innerlich zu revoltieren, sich nichts gefallen zu lassen, sich nicht dem anzupassen, was man nicht für richtig hält.
Wie auch immer… ich empfehle dir “Der Fremde”. Tolles Buch wie ich finde. Und ein Roman – also auch schön zu lesen.
Glg
Vielen Dank für deine Empfehlung. Ich werde mir “Der Fremde” demnächst zu Gemüte führen und könnte dich ja wissen lassen, was ich davon halte.
Deinen Beschreibungen zufolge (immerhin habe ich die Amazon-Buchbeschreibungen halbwegs richtig interpretiert) interessieren mich die beiden anderen von dir beschriebenen Werke von Camus auch bzw. die “2 Möglichkeiten”, wie Du sagtest.
Momentan hänge ich noch/wieder zu sehr an Friedrich Nietzsche, wie Du bestimmt weißt, obwohl ich von ihm nicht vieles gelesen habe. Doch durch seine Werke komme ich nicht zu neuen Erkenntnissen. Es “festigt” nur das, was man im Menschen beobachtet (oder ich bin zu blöd). Camus scheint einen Schritt weiter zu sein, was mich wie gesagt neugierig gemacht hat, aber das vermag ich erst zu beurteilen, nachdem ich etwas von ihm gelesen habe. (:
Um mich “aufzuwärmen” werde ich aber erst den Roman lesen, dieser klingt auch interessant.
Gruß,
V.