Update aus dem Irrenhaus: Woche 2.

Es ist inzwischen ein bisschen besser geworden glaube ich…
Ich weiß nicht genau, was ich sagen soll…

Die Woche war schön und schrecklich zugleich. Ich habe einen kennengelernt, mit dem ich mich super verstanden habe. Wir haben sehr viel geredet und ich glaube er war einer von wenigen, die 1. intelligent sind und 2. wirklich Therapie machen wollen und auch selbstständig an sich arbeiten. Mal davon abgesehen sind wir einfach auf einer Wellenlänge… haben ähnliche Probleme und ähnliche Ansichten. =)
Leider ist er am Donnerstag gegangen. Gegangen worden. Gesund war er noch lange nicht…

Das war ein Grund, warum dieser Tag bescheiden war und damit geendet hat, dass ich den ganzen Abend nur geheult habe.
Die zwei Tage vorher waren ok, da war meine Stimmung mal wieder etwas besser. Aber seit Donnerstag war sie einfach nur noch mies. Einschließlich heute. Komme nicht aus dem Bett, bin antriebslos und was noch dazu kommt ist: Schwindel, Herzstolpern, Kreislaufprobleme, Benommenheit und Blutdruckschwankungen. Von dem neuen Medikament. Als ich gestern fragte, wie lange diese Nebenwirkungen bleiben, hieß es: “Mit 2-3 Wochen müssen Sie schon noch rechnen.” Na dann. Super Sache.

Meine Zimmernachbarin hat nach meiner Einschätzung Borderline + Münchhausensyndrom. Vielleicht auch ohne BL… aber ich glaube doch eher mit. Sie meinte, sie sei manisch-depressiv. Wer weiß… Letzten Sonntag kam ich zurück in die Klinik und da hatte sie “versucht” sich umzubringen. Im Laufe der Woche habe ich die ganze Geschichte mitbekommen: Sie war in der Küche, neben ihr stand noch wer, sie waren gerade dabei, die Spülmaschine auszuräumen. Dann hat sie sich ein Messer (die sind verdammt stumpf!) genommen, es sich in den Hals stecken wollen und dann quer (!) am Handgelenk langgezogen. War nur ein Pflaster drauf… also vermute ich, dass da nicht mehr als ein Kratzer da war. Die Geschichte musste sie mir natürlich immer wieder erzählen. Naja… eigentlich nicht die ganze Geschichte. Eher so ein: “Oh mein Gott, ich habe versucht mich umzubringen! Wie furchtbar!” (“Furchtbar” ist ihr Lieblingswort.)
Lächerlich… diese Person.

Nun ja. Bin gespannt, was die nächste Woche bringt. Habe irgendwie kein besonders gutes Gefühl. Diese Langeweile und das Chaos dort gehen mir echt auf die Nerven… alles mögliche fällt aus, die Visite steht nach wie vor unangekündigt um halb 8 am Samstag vor meinem Bett und reißt mich aus tiefstem Schlaf… Ätzend. Daraufhin war ich so genervt, dass ich bis 12 Uhr weitergeschlafen habe. Denen habe ich es gezeigt! xD

Irgendwie ist es deprimierend in solch einer Einrichtung zu sein. Zeit abzusitzen.

 

Mein Kopf explodiert.

Ich hasse es hier zu sein.
Ich hasse, hasse, hasse es.
Diese kranke Familie… Es ist nichts Konkretes vorgefallen, dennoch macht es mich wahnsinnig. Ruft Erinnerungen wach an früher. Nichts hat sich geändert… es fühlt sich genauso an wie damals. Die letzte Therapiestunde hat es nicht besser gemacht (Thema: Vater – Schwester)… da kamen wieder Erinnerungen hoch, die ich jetzt nicht mehr vergessen kann. Die waren so schön verdrängt… ich hab echt das Gefühl ich platze bald. Overload. Diese Woche muss ich noch durchstehen – da sind alle zum Glück weg. Und dann muss ich eine Entscheidung treffen. Ich habe das Gefühl, wenn jetzt noch irgendwas passiert oder irgendwer mir irgendwas an den Kopf wirft, ist Ende Gelände. Noch diese Woche durchhalten… Irgendwie rumbringen… und dann wird eine Entscheidung kommen. So weiter gehen kann es nicht.

Es ist ja nicht nur mein Umfeld, ich persönlich kann nicht mehr. Ich weiß, dass ich wieder alles schwärzer sehe, als es ist. Aber so oder so, muss da eine Lösung her. Elontril war keine. Und ich habe auch keine Lust, alle 2 Wochen ein neues Medi zu testen und dann wieder eine Woche davon außer Gefecht zu sein. So komme ich auch nicht weiter.
Wenn ich nur an die Termine nächste Woche denke, wird mir schlecht. Dienstag einer, Mittwoch einer, Donnerstag zwei, Freitag einer. Und keiner davon wird spaßig. Naja, einer vielleicht. Und vielleicht sage ich den am Mittwoch ab… der ist eh für’n A***… IPDE Test auf Borderline-Persönlichkeitsstörung. Wen interessiert’s?! Gut ich wollte den Test… aber jetzt denke ich mir: Wozu? Was habe ich davon? Eine Diagnose, die es eigentlich gar nicht gibt? Oder eben nicht die Diagnose… was soll mir das denn bitte helfen? Gut, evtl. steht die F 60.31 nicht mehr auf irgendwelchen Krankenakten. Vielleicht hat es Vorteile, falls ich mich versichern lassen möchte? Wahrscheinlich nicht… einmal gehabt, Pech gehabt. Reicht ja schon eine Depression, dass man keine Lebensversicherung mehr bekommt. Und da reicht es auch schon, dass die mal irgendwie diagnostiziert wurde. Muss nicht mal der aktuelle Stand sein. Also ist der Zug eh schon abgefahren.

Wie auch immer, ich schweife ab.
Wovon eigentlich? Ich glaube, ich hatte nicht einmal einen Plan, als ich hier anfing zu schreiben.
Ich glaube Familie war so das Grundkonzept…
Ich hasse es, dass hier alle so verlogen sind… vornherum schleimscheißen und hintenrum lästern, Intrigen spinnen und bei der besten Gelegenheit einem alles an Beleidigungen um die Ohren hauen, was möglich ist. Das scheint irgendwie frauentypisch zu sein… dieses Hinterfotzige. Ich weiß schon, warum ich mit Männern besser klarkomme. Denn es gibt nichts, was ich abartiger und erbärmlicher finde, als diese unehrliche, heuchlerische Getue! Entweder man sagt was man denkt – immer – oder man hält den Mund. Auf Schleimscheißen und dann lästern kann ich echt verzichten. Wieso können die Leute nicht einfach ehrlich sein? Ich begreife es nicht.

Aber… ich schaue auf mich. Ich will mich nicht wieder hineinsteigern, nein. Alles wird gut.
Sobald ich hier raus bin… Und das sollte unbedingt bald sein, denn nächstes Wochenende ist A. auch wieder da. Zur Zeit – bzw. bis morgen früh, nur mein Vater, meine Schwester und ich.
Scheiße… ich habe alle Erfolge, die ich in der Klinik gemacht habe, verspielt. Futsch. Vorbei. Jetzt stehe ich wieder da, wo ich vorher war. Nein… eigentlich stehe ich noch schlechter da. Ich fühle mich wie damals, vor vier Jahren…
Als mein Thera in der letzten Stunde meinen Schilderungen folgte, was bei uns früher so ablief, wusste er zunächst nichts mehr zu sagen. Dann sagte er: “Sie sind wirklich mutig. Es erfordert viel Kraft, so etwas zu überstehen!” Von anderen habe ich schon oft Ähnliches gehört. Ich frage mich auch oft, wie ich das überstanden bzw. überlebt habe. Mit verhältnismäßig wenig Schaden…

Man… Ich finde das so traurig. Ich dachte echt, ich könnte an die H2 anknüpfen. Weitermachen. Und jetzt das… Fühle mich wie der Panther, aus Rilke’s bekanntestem Gedicht. Ich liebe es. Genial… und genauso fühle ich mich: Eingesperrt. Rastlos. Müde. Verloren. Innerlich tot.

[Was ich noch anmerken möchte – weil mir wichtig ist, dass das mal klargestellt wird: Ich will mir hier nur Luft verschaffen, mir das von der Seele schreiben. Ich will nicht, dass sich jemand deshalb schlecht fühlt oder sich Sorgen macht! Ich bin für mich selbst verantwortlich und kann mir Hilfe holen, wenn ich sie brauche!]