Auf Kinderkoks

Nach langer Zeit melde ich mich jetzt schriftlich wieder.

Es ist einiges passiert, aber heute konzentriere ich mich mal auf eine Sache: Seit August habe ich jetzt die Diagnose “ADHS”. Nach viel Lektüre – eigentlich wegen der Kinder, die ich behandle – fand ich immer mehr Parallelen zu mir. Auch so im Kontakt mit den Kindern. Auch eine Kollegin, die selbst ADHS hat, fragte mich schon, ob ich das hätte und ob es in meiner Familie liegt.

Jetzt habe ich es – nach 2 Jahren und Corona dazwischen – schwarz auf weiß. Für mich erleichternd, weil ich jetzt weiß, dass ich nicht einfach faul und dumm bin, sondern es einen Grund dafür gibt, wieso ich manches nicht so schaffe wie Ottonormalverbraucher.

Lange Rede, kurzer Sinn: Seit Mittwoch, also drei Tagen bin ich auf Ritalin/Medikinet. Eigentlich wollte ich keine Medikamente nehmen und habe mir einen Platz bei einem Verhaltenstherapeuten gesucht, der auf ADHS bei Erwachsenen spezialisiert ist. Der wiederum hat mir empfohlen, das Medikament zu testen, weil er der Meinung ist, das könne mir gut helfen bei meinen Problemen. Ich wollte auch mal probieren, ob es einen Effekt hat. Jetzt musste ich noch 4 Mal zu diversen Kardiologen wegen meiner Rhythmusstörungen, weil das Zeug auch Veränderungen machen kann.

Aber da nichts dagegen sprach, nehme ich es jetzt.

Ich hatte Angst davor, weil ich vor allen Medikamenten und vor allem den Psychopharmaka inzwischen Angst habe – zu viele schlechte Erfahrungen. Also… ich habe das Zeug also genommen. Mittwoch morgen, vor meinem Kardio-Termin, wo mir das Langzeit EKG angelegt werden sollte.

Nach ca. einer Stunde glaubte ich dann eine Wirkung zu bemerken. Ich fühlte mich ruhig – nachdem ich wie immer vor Arztterminen sehr unruhig und hibbelig war und meine Gedanken wurden langsam. Ruhe kehrte innerlich ein. Eine Ruhe, die ich so noch nie vorher empfunden hatte. Eine klare Ruhe. Nicht benommen. Und meine Wahrnehmung veränderte sich nach und nach… auf dem Weg in die Stadt zu dem Termin fiel mir auf, dass ich auf einmal alles viel klarer und weniger aufdringlich, weniger reizüberflutend wahrnahm. Meine Gedanken haben nicht so schnell gewechselt und ich konnte bei einer Sache/Wahrnehmung bleiben. Die innere Unruhe/Angst war viel weniger. Jetzt inzwischen glaube ich, dass viel meiner vermeintlichen Angst einfach ungerichtete innere Unruhe war und daraus entstand, diese Unruhe zu verstecken/zu unterdrücken zu wollen. Meine Ängste treten/traten immer vor allem dann auf, wenn ich irgendwo still sitzen musste (U-Bahn, Schule, Restaurant, etc.). Bestimmt war auch ein Teil davon soziale Ängstlichkeit/Unsicherheit, aber ich glaube inzwischen ein großer Teil war diese innere Unruhe, die sich oft steigerte in diesen Situationen.

Was ich sagen kann über Ritalin ist, dass es bei mir definitiv gegen diese Unruhe hilft. Allerdings fühlte ich mich am Abend des ersten Tages, nachdem es nicht mehr wirkte, absolut antriebslos und ein wenig depressiv und oder gleichgültig. Was mich etwas beunruhigt ist auch, dass die Wirkung schon am zweiten Tag deutlich weniger intensiv war.

Heute war mein erster Arbeitstag auf Ritalin. Ich muss sagen, es fällt mir so viel leichter zu arbeiten. Viel klarer und strukturierter im Kopf, weniger vergesslich und verpeilt (aber noch lange nicht weg!) und weniger abgelenkt von allem drum herum. Auch weniger abgelenkt von meinen eigenen Gedanken und Körperempfindungen. Jetzt am Abend fühle ich mich zwar weniger reizüberflutet, aber immernoch körperlich erschöpft und es hat auch nicht verhindert, dass ich gegen Feierabend nach und nach wieder zu meinem alten, verpeilten Zustand zurückkehrte. Was positiv war, war, dass ich mich weniger selbst abgewertet und kritisiert habe. Entweder weil weniger Grund dazu da war (was definitiv so war), oder aber weil meine Gedanken nicht überall hin gewandert sind, sondern bei dem waren, was ich gerade getan habe oder tun wollte.

Fazit: Ich bin mir noch unsicher, was ich davon halten soll. Ich denke eine Dauerlösung ist es ja irgendwie nicht. Da frage ich mich dann auch, was sich dadurch langfristig an meinem Hirnstoffwechsel ändert und ob es danach nicht vielleicht noch schlimmer ist? Und in wie weit man da auch sehr schnell psychisch abhängig wird. Diese innere Ruhe ist schon wirklich verlockend und angenehm. Allerdings hatte ich auch das Gefühl, dass mein Körpergefühl sich ändert und ich weniger spürte. Ich frage mich, ob das für Kinder wirklich gut ist. Die befinden sich ja noch in der Entwicklung und diese veränderte Wahrnehmung ist bestimmt nicht unbedingt förderlich im Bezug auf Körperwahrnehmung und Achtsamkeit gegenüber sich selbst. Es ist eher ein Sich-Entfernen von sich selbst hin zu einer besser funktionierenden Version seiner selbst. Ist es das wert?

Arztscheisse.

Ich bin schlecht drauf.

Fühle mich etwas leer… und in mir kocht etwas. Vermutlich hat es etwas mit dem Termin bei meinem Orthopäden zu tun, der den Arztbrief las, in dem stand, dass ich depressiv verstimmt sei. Vom letzten Rheumatologen, der die Kapillarmikroskopie gemacht hat.

Dann ging die Leier wieder von vorne los… Depressionen können auch Schmerzen verursachen, machen Sie Sport etc. pp. Das war exakt wieder der Punkt, an dem ich absolut nicht mehr ernst genommen wurde. Ich hatte noch überlegt, ob ich den Arztbrief überhaupt mitnehmen sollte, entschied mich dann dafür, weil da ja auch wichtige Infos drin stehen. Ich dachte mir allerdings schon, dass das dann vermutlich in diese Richtung gehen wird. Eigentlich wollte ich ihm noch von meiner Zerrung erzählen und fragen, ob er da was machen kann. Aber ich hatte dann so die Schnauze voll, dass ich mir dachte “Scheiß drauf.” und nur noch gehen wollte. Jetzt hat er mir Akkupunktur verschrieben. Ich weiß nicht… ich halte inzwischen nicht mehr viel von ihm. Er kommt mir vor wie so ein Quacksalber… sagte mir, es könne kein Rheuma sein, wenn die Gelenke nicht geschwollen sind. Ich habe mich ja auch inzwischen belesen und gerade bei Lupus und Co., also meiner Fragestellung, ist es oft so, dass nichts anschwillt. Also meinte er jedenfalls dann kann es nur Hashimoto sein oder die Psyche. Obwohl ich ihm erklärt hatte, wie das mit Hashimoto bei mir ist und dass da momentan nichts mehr ist.

Vielleicht bilde ich es mir ja doch ein.

Allerdings habe ich zu viele Geschichten von anderen gelesen, bei denen es ähnlich lief. Viele wurden zu Therapeuten oder in Kliniken geschickt, bevor irgendwer dann herausfand, dass es wirklich Rheuma war.

 

EIn bisschen macht es mir eben auch Angst. Diese Unklarheit. Meine niedrigen Komplementfaktoren (C3 & C4) sagen aus, dass da möglicherweise was mit den Nieren nicht stimmt. Dass die angegriffen werden. Das ist der häufigste Grund für diesen Mangel… und autoimmune Erkrankungen der Nieren können zu Nierenversagen führen, wenn man nicht früh genug etwas macht. Solche Geschichten…

Ich wünsche mir, dass es nicht Lupus ist oder eine andere Art von Kollagenose. Das ist nämlich echt besch***… aber ich merke, dass etwas nicht stimmt und will einfach nur einen Namen haben und bestenfalls dann noch eine Möglichkeit, etwas zu tun.

An meinen miesen Tagen bin ich auch dazu bereit Cortison zu nehmen oder sonst was… egal. Da will ich einfach, dass es aufhört. Habe schon überlegt, ob ich selbst eine Basistherapie mit Ibuprofen mache – also einen Spiegel halte – aber ich fürchte mein sowieso empfindlicher Magen macht das nicht allzu lange mit.

Außerdem wird das nicht gegen die Erschöpfung und die Müdigkeitsattacken helfen. Das ist schlimmer als die Schmerzen, weil mich das so ausknockt. Und dieser Nebel im Hirn manchmal… dass ich gar nicht mehr denken kann. Mich manchmal zu schwach fühle, von der Schule noch nach Hause zu kommen. Zu schwach zum Atmen. Zum Reden. Das ist eigentlich das Schlimmste… Und eben der Nebel im Kopf, der manchmal da ist. Vergesse alles, erinnere mich nicht mehr, was ich getan habe oder noch tun muss. Komme nicht mehr auf die einfachsten Dinge, mir fallen Wörter nicht mehr ein… Da fühle ich mich einfach nur noch dumm. Als hätte mir jemand den Zugriff auf mein eigenes Hirn verweigert.

Das sind dann so Momente, in denen ich drei mal hintereinander in den falschen Zug einsteige… Aber im Alltag eher so Sachen wie ständig hin und her laufen und vergessen, was man eigentlich tun wollte. Oder etwas tun und dann nicht mehr wissen, ob man es schon getan hat oder nicht (Tabletten nehmen z.B.)… Das ist aber nur an manchen Tagen so. Manchmal auch keinen ganzen Tag… sondern nur Stunden.

Oft kommt das gemeinsam mit den roten Flecken, manchmal rote Wangen und der Müdigkeit. Jedenfalls bin ich einfach nur genervt, weil ich mich zu den bekackten Terminen hinschleppe und durchquäle und das dann quasi für nichts. Bis jetzt ist wirklich nichts bei rum gekommen. Nur immer mehr Fragezeichen… Auf sich beruhen lassen kann und will ich es aber nicht, weil es mich zu sehr einschränkt, als dass ich einfach drauf scheißen könnte. Nur weiß ich nicht mehr, was ich noch tun soll.

“Machen Sie Sport, dann geht es Ihnen besser!” Habe ich ja vor… allerdings geht das nicht an Tagen, an denen ich total erschöpft und fertig bin. “Nehmen Sie Magnesium!” Ja, DAS wird’s sein! Magnesiummangel. Ich ernähre mich ja so unglaublich ungesund. Das erklärt bestimmt alles.

Vor allem… hatte ich die Beschwerden ja auch schon, als ich noch regelmäßig joggen war. Das habe ich ja deswegen aufgegeben… Aber mir reicht es jetzt. Ich bin nicht gut im Überzeugen und sehe irgendwie auch keinen Sinn darin, Ärzte davon zu überzeugen, mich ernst zu nehmen. Die sind der Dienstleister, der bezahlt wird, nicht ich. Nicht ich bin in der Bringschuld. Aber so komme ich mir vor…

 

“Bitte, bitte lieber Gott in weiß, erhöre mich! Lasse dich für ein paar tausend Taler dazu herab, mich ernst zu nehmen und zu behandeln!”

 

Nein danke. Ich habe sowieso schon mehr als genug zu kämpfen im Leben… dazu habe ich keine Kraft mehr.

 

Mein nächster Schritt, sofern es einen gibt, wird sein, dass ich zu einem Spazialisten gehe. Notfalls auch weit weg. Ein Freund von meinem Vater hat von einem Kollegen an der Uni Tübingen erzählt, Immunologie. Der soll da wohl ganz gut Bescheid wissen.

Möglichkeit zwei wäre mir mal Prednison (Cortikoid) verschreiben zu lassen und zu schauen, ob es was bringt. Wohler wäre mir dabei aber mit einer ärztlichen Begleitung.

Noch fünf Tage.

Ich kann nicht aufhören, an nächsten Freitag zu denken.

Diese Woche habe ich total schlecht geschlafen… unruhig, Alpträume, oft aufgewacht, schweißgebadet, wenig geschlafen.

Zum Teil hat es bestimmt auch mit den Gesprächsthemen zu tun, die ich so mit K. habe in den Pausen (Familie, Psyche,…) – zum Großteil aber wohl momentan mit der ganzen Krankheitsgeschichte.

Ich weiß nicht, was für mich schlimmer wäre – keine Diagnose oder eine Diagnose. Doch… Ich glaube keine wäre schlimmer. Dann stünde ich genauso hilflos da wie zuvor.

Ich beobachte mich die ganze Zeit… wann kommen die Symptome? Wann ist es am schlimmsten?

Panik habe ich nicht. Angst… ein wenig eventuell. Aber kaum. Was würde sich schon ändern? Es hätte nur endlich einen Namen. Und vielleicht gäbe es einen Plan, wie man vorgehen könnte. Das ist ja eher positiv.

Was mich momentan wahnsinnig macht, ist meine rote Birne. Das wird leider nicht weniger, sondern eher mehr… und Leute sprechen mich schon drauf an. Mir ist das peinlich… obwohl ich ja nichts dafür kann. Das kommt einfach so… mal wenn ich müde bin, wenn es warm ist, wenn die Sonne scheint, wenn ich mich konzentriere – oder auch einfach nur so. Früher war das viel seltener und irgendwie auch nur in bestimmten Situationen.

Diese Woche hatte ich wieder zwei ziemlich miese Tage. 2,5 eigentlich… Was mich am meisten nervt, ist, dass ich so meine Zeit nicht nutzen kann. Ich hätte eigentlich viel zu erledigen, kann es aber nicht. Andere nutzen ihre Zeit, machen was… vielleicht etwas Schönes… und ich bin zu kaputt, überhaupt noch irgendetwas zu tun, außer mich hinzulegen und zu schlafen sobald ich zu Hause bin (falls das klappt) und zu warten, bis es endlich aufhört. In die Ausbildung gehe ich. Gut, diese Woche habe ich einen Nachmittag gefehlt. Aber ansonsten gehe ich rein, egal wie es mir geht. Oft bin ich so müde, dass ich kaum die Augen offen halten kann – trotz Kaffee. Oder habe Kopfschmerzen. Oder Gelenkschmerzen. Oder mir ist schwindelig. Oder übel. Oder mein Herz macht mal wieder auf Alleinunterhalter. Aber mein Goth… zu Hause ist es auch nicht besser.

Psychisch geht es mir momentan soweit ganz gut. Gut, gestern hatte ich eine schlechte Phase… da haben sich wohl ein paar Emotionen entladen wollen. Ich habe/hatte einfach Angst, dass die Ausbilung jetzt vielleicht an einer Krankheit scheitert… jetzt, wo ich etwas gefunden habe, das mir Spaß macht und das ich wirklich machen will. Aber gut… es kommt wie es kommt. Bringt ja nichts, sich jetzt verrückt zu machen.

Aber ansonsten läuft alles gut. Die Ausbildung ist toll, der Stoff interessiert mich, die Mischung zwischen Handwerklichem/Kreativem und Theorie ist gut, die Leute sind toll, mir geht’s abgesehen vom Schlaf und der körperlichen Geschichte echt gut.

 

Nun habe ich noch eine Woche, in der ich rauchen kann und meine Veggie-Ausnahmen machen kann und mich wenig disziplinieren muss. In der ich meinen Schoki-Konsum nicht einschränken muss. Ich fürchte ab Freitag bin ich dann Nichtraucher und werde eine strikte Diät einhalten (müssen). Kein Zucker, kein Kaffee, viel Rohkost, keine Fertigprodukte mehr, keine Zusatzstoffe, keine Milchbestandteile, viel Kurkuma und andere anti-entzündlich-wirkende Pflanzen und Gewürze.

 

Ich erhebe mein Glas auf Sie, Mr. S.!

…und wieder ist ein Montag vergangen, an dem ich nicht angerufen habe. Wen? Kennt hier sowieso niemand, der diesen Blog liest,  von daher spielt es keine Rolle.

Und warum Montag? Weil ich ihn nur am Montag erreichen kann.

Was ich auf ihn trinke? Meine Schlafgutmedizin. Aus einer dunkelbraunen Flasche mit Pipette. 25 mg. Das hat Stil. Jeden Abend. Auf ihn!

Cheers.

Denn ich verbinde diese Prozedur mit ihm…

Mein Kopf ist so verwirrt und irre. Ich würde gerne sagen “Mens insana in corpore sano” (habe ich vor langer Zeit einmal in einem Forum gelesen), aber bei mir müsste es wohl lauten: “Mens insana in corpore insano”. Klingt weniger schön…. kein Chiasmus. Irgendwie… keine Spannung darin. Nur Wahrheit.

 

Wie auch immer. Ich schweife wieder ab.

 

Da heute Montag ist, ging er mir den ganzen Tag durch den Kopf. Was meine innere Anspannung/Zerissenheit nicht unbedingt verbesserte. Ich denke, mir war von vornherein klar, dass ich nicht anrufen würde. Aber der Gedanke war da.

Und zwischendurch immer wieder: Du bist krank! Das ist nicht normal! So darfst du nicht denken! So darfst du nicht fühlen! Und dann: Resignation.

 

Ich ende immer wieder bei Rilke’s Panther… eingesperrt. Ich bin nirgendwo zu Hause. Niemals jemals. Ich habe niemanden mehr da draußen, auf den ich mich verlassen könnte. Der für mich da ist. Das ist besonders hart, wenn man sich auch nicht auf sich selbst verlassen kann. Nicht für sich selbst sorgen kann. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an wie: Trink genug! Schlafe ausreichend und erholsam! Iss gesund/regelmäßig. Tue Dinge, die dir gut tun. Achte auf deine Grenzen.Im Moment kann ich das einfach nicht mehr. Ich weiß auch überhaupt nicht mehr, was mir gut tut.

 

Mein neuer Thera mag auch Rilke. Finde ich sehr sympathisch. Sein Bücherregal hat einige Gemeinsamkeiten mit meinem, einige Bücher, die ich auch habe und schätze.

 

Goth… was rede ich hier? Wen interessiert’s?! Mein Leben ist schon wieder so langweilig geworden… ich kreise um Therapie und Ärzte und daneben ist nicht mehr viel. Klar, meine Freunde. Die ich prinzipiell noch treffe. Nur werden auch die Treffen seltener. Nicht wegen ihnen, wegen mir. Bin im Moment zu depressiv. Und es war ziemlich stressig die letze(n) Woche(n).

Tagsüber bin ich froh, wenn ich die Zeit irgendwie rumkriege ohne irgendwelche Dummheiten zu machen. Mir geht es nicht gut tagsüber. Weder körperlich noch psychisch. Ich hasse die Tage. Gegen Abend/Nacht wird es besser. Dann will ich nicht schlafen, weil ich mir denke hey, jetzt geht’s dir mal ganz gut – also wieso jetzt schlafen?! Aber das ist auch nicht gut. Man kann ja nicht Leben wie ein Vampir. Das habe ich als Kind mal zusammen mit einer Freundin versucht. Ist schwierig, vor allem dann, wenn man noch ein Sozialleben haben möchte oder irgendwelche Termine wahrnehmen muss.

 

Es ist einfach jeden Tag nur ein Kampf… gegen die Krankheit. Ich unterdrücke alles, halte mich mit aller Macht davon ab, etwas Dummes zu tun. Aber ist das noch ein Leben? Ich habe das Gefühl, somit meine geistige Verfassung nur noch zu verschlimmern. Habe das Gefühl, dass bald irgendetwas ausklinkt. Ich den Bezug zu allem verliere. Ist es das vielleicht wert? Außerdem schade ich so meinem Körper noch mehr… da sich dann alles körperlich manifestiert. Die ganze Anspannung muss ja irgendwohin. Also habe ich Kopfschmerzen, mir ist schwindelig, ich fühle mich schwach, Schmerzen allgemein, Herzrhythmusstörungen,… und Stress wirkt sich auch auf das Autoimmungeschehen aus. Ist es das wert? Sollte ich nicht einfach loslassen? Die Kontrolle aufgeben? Mich fallen lassen? Mir erscheint das gesünder, als das, was ich jetzt mache. Wenn ich meine Gefühle weiterhin so wegdrücke, nicht ernst nehme, alle Impulse unterdrücke… ebne ich den Weg für Derealisation, für somatische Beschwerden, Krankheiten, vielleicht sogar eine Psychose. Die Depression rührt mit Sicherheit daher. Kein Zweifel. Ich weiß, dass die Emotionen da sind. Nur gebe ich ihnen keinen Raum. Das wollte ich in der Klinik lernen… bzw. danach fortführen. Aber kriege das nicht hin. Und jetzt stehe ich wieder da… da wo ich vor vier Jahren stand. Im Nichts. Der Leere. Perspektivlosigkeit. Fühle mich alleine mit all dem.

Deswegen wird es wohl die beste Lösung sein, erstmal wieder in die Klinik zu gehen. Bevor ich die Kontrolle verliere. Deswegen wollte ich heute eigentlich auch anrufen. Fragen, ob das wirklich eine gute Entscheidung ist. Aber das wird mir sowieso niemand sagen können. Das werde ich rausfinden müssen. Außerdem gibt es sowieso keine Alternative, ich bekomme einfach nichts mehr geregelt. Und habe Angst, dass ich sonst vielleicht echt noch etwas Dummes tue. Also lieber in einem klaren Moment Klinik, als in einem unklaren Sch*** bauen.

Ich will etwas verändern. Ich will wieder leben und meine Gefühle wahrnehmen und achten und nicht mehr in dieser Leere schweben. Überleben ist einfach nicht genug. Wie die Krankheit nun heißt, ist mir egal. Dass ich nicht normal bin und krank bin, das weiß ich. Ob das Kind jetzt Borderline heißt oder Schizoid oder nur Depression oder wie auch immer… ist doch egal. Also gerade ist es mir egal. Wie es in einem Tag, ein paar Stunden oder Minuten aussieht, weiß ich nicht. Ich wechsle meine Meinung häufiger als meine Unterwäsche (und nein, meine Unterwäsche trage ich keine Tage oder Wochen! xD).

 

Ich weiß, was ich brauche. Ich weiß, was ich will. Und ich weiß auch, dass ich das niemals bekommen werde. Zu spät… Was macht man mit einer solchen Erkenntnis? Man hat eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Versuchen, es dennoch irgendwie zu bekommen oder dem zu entfliehen. Ich glaube das ist der Punkt, den alle Borderliner gemeinsam haben. In dem ich mich wiederfinde. Nur dass ich nicht so impulsiv bin, dass ich es immer wieder versuche. Aber, dass das mein Grundproblem ist, ist mir inzwischen klar. Ein leeres Fass, das nie gefüllt wurde. Das sich nichts mehr wünscht, als endlich voll zu sein – die Liebe zu bekommen, die es nie bekommen hat. Und daran verzweifelt. Sich selbst dafür hasst, dass es diese nie bekommen hat. Sich selbst daran die Schuld gibt. Und versucht, dieses Gefühl und diese Realität niemals zu nah an sich heranzulassen, weil es viel zu schmerzhaft ist. Sonst säße ich jetzt heulend hier vor dem Laptop… das tue ich aber nicht. Alles, was zu schmerzhaft ist, wehre ich automatisch ab. Spalte ich ab. Das habe ich mir angewöhnt. Das geht automatisch. Aber ich möchte es nicht mehr! Man fühlt sich nur noch tot irgendwann… kann nicht mehr normal fühlen. Und manchmal wird man überflutet von der vollen Wucht dieser abgespaltenen Gefühle, weil sie sich dennoch Gehört verschaffen wollen. Oder sie kommen in Form von Panikattacken. Irrationalen Ängsten. Depression. Somatischen Beschwerden. Fressattacken.

 

Und wisst ihr, was mich am meisten von allen ärgert? Dass ich all das weiß! Ich weiß all das, ich kenne die Zusammenhänge, ich habe alles Mögliche an inneren Konflikten bereits aufgedeckt – und trotzdem ändert sich nichts! Ich habe in der Klinik gesehen, wie bei einigen (v.a. Essgestörten) sich alles wandelte, als sie erkannten, dass ihre tolle Mutter vielleicht gar nicht so toll ist… oder was in der Familie schief lief… und bei mir? Nichts! Ich glaube _das_ macht eine Persönlichekeitsstörung aus. Dass anscheinend Therapie nichts bewirkt. Weil alles… so festgefahren ist. Ok, nichts bewirkt Therapie auch nicht… man kann lernen, sich zu entspannen. Gefühle besser wahrzunehmen und auszudrücken. Das lindert so manches. Oder Skills anwenden, um sich selbst nicht mehr zu schaden. Aber… das Grundproblem bleibt. Was auch irgendwie klar ist… bei Borderlinern ist die Amygdala (Gehirnareal, das hauptsächlich dafür verantwortlich ist, Situationen einzuschätzen und zu bewerten, auch Mandelkern genannt) verkleinert aber aktiver als bei normalen Menschen. Also eine anatomische Veränderung. Man kann Techniken anwenden, um besser klarzukommen. Aber man kann es nicht wegmachen!

 

Naja, ich verabschiede mich für heute. Wie man sieht, bin ich etwas wirr im Kopf und schreibe hier einfach nur irgendwelche Gedanken nieder. Ohne ein Konzept oder eine grobe Gliederung. Dafür möchte ich mich entschuldigen, ich hoffe man versteht einigermaßen was ich sagen wollte.